«Das ist Abfall, der wird schon nicht geklaut»

Gebrauchte Aludosen oder leer getrunkene PET-Flaschen kann man jetzt auch an VBZ-Haltestellen entsorgen. Was mit dem getrennten Abfall genau passiert, zeigt unser Bericht.

Die Arbeit, die Cemil Güven verrichtet, wäre schon mal nichts für einen Morgenmuffel. Seine Schicht als Fachspezialist Reinigung bei Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) beginnt um Punkt sieben. Doch für Güven ist das kein Problem. Ihn stören die frühen Arbeitsschichten nicht, besonders an einem so schönen Morgen. Auf dem Vorplatz des ERZ-Werkhofs in der Nähe des Zürichhorns steht schon das Elektro-Fahrzeug für die Entsorgungstour bereit.

Seine Tour führt normalerweise durch das noch verschlafene und ruhige Seefeld. Die Leerung der Abfallkübel im Seefeld gehört heute aber nicht zu seinem Aufgabenbereich. Sein Ziel sind die neuen Recyclingbehälter an der Tram- und Bushaltestelle Bellevue. Seit Oktober befinden sich insgesamt 19 Recyclingstationen an den VBZ-Stationen Limmatplatz, Stauffacher und Bellevue. Während einer sechsmonatigen Testphase werden diese Recyclingbehälter dreimal täglich geleert. Dabei wird der Inhalt analysiert und die Sauberkeit der Umgebung genau unter die Lupe genommen.

Die Nachfrage nach Abfalltrennung ist gross

Bevor die Passagiere ins nächste Tram einsteigen, können sie an den drei genannten Verkehrsknotenpunkten problemlos die Aludosen, PET-Flaschen oder die durchgelesenen Zeitungen korrekt entsorgen. Doch was alles zum Recycling-Prozess dazu gehört, wissen die wenigsten. Auch Güven ist das bewusst: «Die Nachfrage nach Abfalltrennung ist gross, und viele fragen sich immer, warum das nicht bereits bei allen Haltestellen der Fall ist.» Dies sei leichter gesagt als getan, fährt Güven fort, da es einen zusätzlichen Aufwand mit den verschiedenen Entsorgungssäcken für die Reinigungsfrauen und -Männer mit sich bringt.

Fehleinwürfe gibt es ab und zu

Güven fängt mit der etwas abgelegenen Recyclingstation an. Die Abfallbehälter sind hinter der VBZ-Verkaufsstelle positioniert und werden laut dem 28-Jährigen in der kalten Jahreszeit nicht häufig genutzt. Doch sobald die heissen Sommertage die Zürcherinnen und Zürchern ans Seebecken locken, ist diese Station schnell mit Getränkeflaschen und Dosen vollgestopft.

Cemil Güven begutachtet die vier Abfallsäcke mit unterschiedlichem Inhalt sehr genau. Schnell fällt auf, dass sich einige Dinge im Altpapier-Sack befinden, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Darunter ein Pizzakarton, der in die Kartonabfuhr gehört. Sogenannte «Fehleinwürfe» gibt es ab und zu. Am häufigsten beim Altpapier. Kassenzettel gehören zum Beispiel in den Restmüll, da diese meistens noch beschichtet und somit nicht wiederverwertbar sind.

Der 28-Jährige lässt den Pizzakarton im Sack mit dem Altpapier. Wieso korrigiert er den Fehler nicht? «Während der Testphase ist es wichtig zu sehen, wo und wie genau die Abfallprodukte entsorgt werden. So kann man nachvollziehen, ob die Recyclingstationen auch verständlich angeschrieben und richtig platziert sind.»
Güven beschriftet daher jeden Sack mit einer Etikette. Darauf festgehalten sind das Datum der Leerung, der Ort und der Recyclinginhalt.

Keine Kratzer am Image der Stadt Zürich 

Das kleine Elektromobil füllt sich an diesem sonnigen Vormittag stetig mit immer mehr durchsichtigen Entsorgungssäcken. Die Recyclingstation ganz in der Nähe des Rondells am Bellevue wurde bereits rege genutzt. Mit geübten Handgriffen ersetzt Güven volle durch leere Säcke. Dabei entdeckt er auch eine herrenlose Socke beim Halt des 15ers. Diese liest er auf, obwohl er nicht für die Bodenreinigung am Bellevue zuständig ist. Güven lässt den Spruch «Das ist Abfall, der wird schon nicht geklaut und ist morgen auch noch da» nicht gelten. Damit hilft er mit, dass Zürichs Image als saubere Stadt keinen Kratzer erhält.

Wenn alle Stationen entleert sind, geht es für einen kurzen Kaffeestopp zurück ins Seefeld. Dort werden die Säcke auf einen Transporter umgeladen, mit welchem Cemil Güven nach Altstetten fährt, wo man die Materialen auswertet. Die recyclebaren Materialien müssen nun im nächsten Schritt während der Testphase ausgewertet werden.

Die Menge wird akkurat in eine Liste eingetragen

Für Cemil Güven endet sein Arbeitstag mit der Übergabe seiner recycelbaren Fracht beim Sortierzentrum in der Nähe des Bahnhof Altstetten.

Die Leerung der Recyclingstationen am Mittag übernimmt ein anderer Kollege und Güven freut sich auf seinen freien Nachmittag, bevor es morgen wieder von vorne losgeht.
Der andere ERZ-Mitarbeiter wiegt im Sortierzentrum die einzelnen Säcke, kontrolliert nochmals den Inhalt und verteilt ihn in verschiedene Kübel; nun wird auch die verirrte Pizzaschachtel korrekt entsorgt.

Der Füllstand der Säcke wird akkurat in eine Liste eingetragen, damit das ERZ am Ende der Testphase dem Parlament rapportieren kann, wie gut die Recyclingbehälter an den drei Verkehrsknotenpunkten funktioniert haben.

Die gesammelten PET-Flaschen werden dann an die PET Recycling Schweiz geliefert. Die Aludosen, das Altpapier und der Restmüll werden von Entsorgung und Recycling Zürich wiederverwertet oder entsorgt.

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