Das kleine Linien-Horoskop

Mit welchem Bus rollen VBZ-Fahrgäste besonders meditativ durchs Jahr 2017? An welcher Haltestelle kann man die persönliche Zukunfts-Weiche stellen? Gibt es ein Tram, das – Huch! – körperliche Nähe fördert? Antworten auf solche und ähnliche verkehr-astrologische Fragen gibts hier – notabene ohne Gewähr auf 100-prozentige Richtigkeit.

In jedem Horoskop, das hört man oft und von ganz unterschiedlichen Seiten, stecke eine stattliche Portion Hokuspokus. Geht man nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung, dürfte diese Tatsache also auch auf dieses Horoskop zutreffen (seriöse Verkehrsastrologie hin oder her).

Dennoch besteht zwischen diesem Jahres-Horoskop und seinen weltweit abertausenden Artverwandten ein markanter Unterschied: Derweil sie sich ausnahmslos mit Adjektiven wie «gross», «lückenlos» oder «ultimativ» schmücken, gibt sich dieser Blick in die Zukunft durch den Zuschrieb «klein» betont bescheiden – allein dieses Understatement macht ihn völlig unabhängig vom Wahrheitsgehalt. Irgendwie sympathisch, finden Sie nicht?

Damit zur Sache. Also ein paar astrologische Aspekte, von denen treue VBZ-Fahrgäste (und Bürger, die das werden möchten) unbedingt Kenntnis haben sollten – weil es ihr Leben inner- und ausserhalb des öffentlichen Verkehrs in den nächsten zwölf Monaten beeinflussen könnte.

Tram 11

Am 21. März 2017 beginnt das sogenannte «Sonnenjahr», was für viele Sternzeichen grundsätzlich gut ist (weshalb, kann man im Internet nachlesen; um dies hier en Detail darzulegen, fehlen Platz und Zeit, wir danken für Ihr Verständnis). Noch besser ist das Sonnenjahr aber für die Zürcher Verkehrs-Astrologie, kurz ZVA! Seit der offiziellen Anerkennung des doch sehr spezifischen Forschungsgebiets anno 2001 tappten die drei Mitarbeitenden eineinhalb Jahrzehnte lang mehr oder weniger im Dunkeln – jetzt aber durften sie, so macht es zumindest den Anschein, dank der Sonne erstmals eine veritable Erleuchtung gewärtigen! Mehr noch, es sei sogar ein «multiples Heureka» gewesen, teilten uns die Sternendeuter freudig mit.

Die wichtigste weil in der Konsequenz positivste Erkenntnis vorweg: Die Zahl 11 der gleichnamigen grünen Linie ist neu als Doppel-1 zu lesen! Eins, meine werten Damen und Herren, das numerische Symbol des Siegers! Und ähnlich wie in der chinesischen Astrologie, wo die Verdoppelung eines Sternzeichens – heuer wäre es beispielsweise der doppelte Feuer-Hahn – zur Intensivierung aller Eigenschaften, Empfindungen oder Merkmale führt – steht auch die Doppel-1 für wirklich grosse Gewinner und Triumphe. Deshalb sei allen VBZ-Benutzerinnen und Benutzer wärmstens empfohlen, in den kommenden Monaten so oft wie möglich mit der 1/1 zu fahren (auch wenn man gar nicht an dieser Linie wohnen oder arbeiten sollte); die «good vibrations», die in diesen Wagen vorherrschen, stärken das Selbstvertrauen und den Wagemut.

Bus 32

Vom Glücks- zum Sorgenkind des neuen Jahres, dem Bus 32: Er ist quasi der Schütze oder die Jungfrau des «normalen» Horoskops, ausgedeutscht: Frauen und Männer, die in einem dieser beiden Sternzeichen geboren wurden, werden in den kommenden zwölf Monaten hartes Brot beissen müssen (weshalb speziell sie diese Bus-Linie als tunlichst meiden sollten).

Man kann die Sache aber natürlich auch von einer ganz anderen Warte aus betrachten: Passagiere, die rege den «32er» benutzen – vor allem in der gemäss ZVA «besonders kritischen Zone» zwischen den Stationen «Kalkbreite/Bahnhof Wiedikon» und «Limmatplatz» – können sich auf gewissen Sinnesebenen (Geräusche, Gerüche, aber auch Mentalattacken durch Geistheiler, Stadtoriginale, selbsternannte Voodoo-Priester etc .) abhärten und so für die Zukunft wappnen.

Tram 7

Das Benützen der Tramlinie 7 – in etwas weniger ausgeprägtem Mass gilt das auch für die Linie 13 – entspricht laut ZVA im März, von Juni bis 15. August und in der zweiten Oktoberhälfte des Jahres 2017 bildlich gesprochen einem Vabanque-Spiel im Casino! Dramaqueen-mässig gesprochen: Entweder erlebt man in den genannten Zeitperioden a) das grösste Glück oder b) das grösste Unglück auf Erden!

Beispiele für a): Man entdeckt am Boden einen ausgefüllten Lottoschein, gibt ihn ab, und Tage später stellt sich heraus, dass die Zahlen die Million geknackt haben. Man stolpert beim brüsken Bremsmanöver des Trampiloten in eine unbekannte Frau, entschuldigt sich in aller Form, sie lächelt, man lächelt zurück, und fünf Monate später steckt man ihr auf dem Standesamt sanft einen Ring an den Finger; der Fahrdienstmitarbeitende ist der Trauzeuge.
Beispiele für Fall b): Um nach dem üblen Jahr 2016 nicht schon im Januar wieder «bad news» zu verbreiten, verzichten wir auf die Beispiele zu Fall b).

Tram 6

Die Sechs steht gemäss den ZVA-Astrologen 2017 definitiv nicht für Sex! Was uns Laien überraschen dürfte – auch weil wir finden, diese Linie sei doch mit der Seeüberquerung, dem prächtigen Universitätsgebäude, der noch prächtigeren Kirche Fluntern und dem Zoo sowieso schon voller Höhepunkte –, erklären die Experten wie folgt: «Je nachdem, in welchem astrologischen Haus sich die Sonne gerade befindet, liegt der Schwerpunkt des Verkehrsflusses auf einem bestimmten Bereich. Und wenn sich eine Bus- oder Tramlinie just in diesem Bereich nicht frei entfalten kann – was bei der 6 zutrifft – kann diese im Ursprung positive Energie rasch zu Blockaden umschlagen.»

Bus 163

Wer seinen vom Stress dominierten Lebens-Rhythmus brechen will (oder ärztlich verordnet muss), und als therapeutische Massnahme mal ein paar Wochen lang täglich «ganz bewusst sinnlos Zeit verplempern soll», kann sich in eine kostspielige Reha-Klinik einweisen lassen … sofern er es denn vermag. Wem aber das nötige Geld dafür fehlt, dem empfiehlt dieses Horoskop, regelmässig den Bus 163 zu nutzen: Er befördert Passagiere vom Bahnhof Kilchberg zur Station «Obere Hornhalde» und zurück – 14 mal an Wochen- und 11 mal an Samstagen. Und er tut dies mit derart zuverlässiger Verspätung, dass ihm der «Tages-Anzeiger» hochnäsig den Titel «Zürichs unpünktlichster Bus» verliehen hat.

Dabei hat die Zeitung den psychologischen Nutzen dieser Unpünktlichkeit fatalerweise völlig ausgeblendet – wer es nämlich schafft, in diesem Bus die innere Balance zu halten und während den Verzögerungen kleine Meditations- oder Atemübungen zu machen, ist  sowohl gegen stressbedingte Kreislauf-Probleme als auch gegen Büro-Burnouts gefeit. Wichtig: Da die Astrologen in den Sternen gelesen haben, dass die VBZ-Führung bei der künftigen Unternehmensstrategie noch mehr Wert auf die Pünktlichkeit der Fahrzeuge legen wollen, ist es wichtig, diese 163er-Therapie bald in Angriff zu nehmen.

Glatttalbahn

Obwohl es zuerst nach einer für die Glatttalbahn interessanten Planetenkonstellation (vor allem im Bereich Saturn/Uranus) ausgesehen hatte, lässt sich die planetare Stellung fürs neue Jahr inzwischen nicht mehr eindeutig interpretieren. Das tut der ZVA sehr leid.

Busse 33, 450 und 78

Manchmal sei es schon verblüffend, was man alles aus den Gestirnen ablesen könnte, schreiben die drei Sterngucker der Zürcher Verkehrs-Astrologie weiter. Ein besonders hübscher Befund habe sich beim Rotations-Tempi-Verhältnis von Erde, Mars und Venus gegeben. Diese drei Planeten würden sich, minime Rechenabweichungen einkalkuliert, 2017 nämlich zu einander exakt so verhalten wie die drei Abspielgeschwindigkeiten von Schallplatten, sprich sich mit 33 (LP, Maxi-Single), 45 (Single) oder 78 (Schellackplatte) Drehungen pro Minute (hochgerechnet) bewegen.

Woraus die Fachleute ableiten, dass es in den Buslinien 33, 450 (450 gleich 45, die Null zählt in der Astrologie nicht) und 78 in diesem Jahr äusserst beschwingt – im Teenie-Jargon gesprochen also «hey Alte, grooooooovy, Mann» – zu und her gehen dürfte.

PS: An dieser Stelle ein Hinweis in eigener Sache: Wir möchten an die jüngere Fahrgäste der Linien 33, 450 und 78 appellieren, die Lautstärke ihrer Ghettoblaster im vernüftigen Rahmen zu belassen, und beim Tanzen im Bus auf ältere, betagte sowie hüftsteifere Passagiere Rücksicht zu nehmen. Danke!

Die persönliche Weichenstellung

Was unsere Leserschaft naturgemäss am stärksten interessiert, ist die Frage: Welche VBZ-Haltestellen eignen sich heuer besonders gut, um die persönliche Zukunfts-Weiche zu stellen? Die Antwort, man muss es so sagen, ist eine leise Enttäuschung. Sie lautet wie folgt: «Ihre innere Sonne wird Ihnen zwischen Februar und Mai den Weg zur passenden Stelle weisen. Sollte es sich dabei zufälligerweise nicht um eine Haltestelle, sondern um eine Gleis-Weiche handeln, müsste Ihre innere Sonne weitersuchen, da das Betreten von Gleis-Weichen strikt verboten ist!»

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