Ein bisschen wie Google Street View – nur besser

Ohne Big Data geht heute fast nichts mehr. Das betrifft auch das Instandhalten der städtischen Infrastruktur und die Planung sowie Realisierung von Bauten. Ein spezielles Tram, ausgestattet mit neuster Messtechnik, liefert hilfreiche Daten.

Unser Schneepflug führt ein Doppelleben: Immer wieder mal kurvt er als Messtram herum. Das 80-jährige und robuste Fahrzeug ist eine Xe 4/4 1923 – besser bekannt unter dem Beinamen «Kurbeli». In den frühen Achtziger wurde diesem «Kurbeli» der vorderste Teil des Wagens gekürzt, ein neuer Führerstand eingebaut und eine Vorrichtung für den Schneepflug angebracht. Jahre später erhielt das nun als Schneeräumungsfahrzeug genutzte «Kurbeli» ein kleines Facelift und neue Aufgaben: Es wurden Laser und photogrammetrische Kameras montiert. Seither fährt das «Kurbeli» als Messtram das VBZ-Gleisnetz ab.

Das VBZ-Messtram. (Bild: VBZ)

Aber was misst denn das Messtram und wie?

Das Messtram ist mit zwei verschiedenen Techniken ausgestattet, die sich gegenseitig ergänzen. Der Laser fährt die Umgebung ab und misst deren Entfernung zum Tram. Er nimmt Millionen einzelner Punkte auf, die in einem angebundenen Datensystem abgespeichert werden. Gleichzeitig nehmen die zwei photogrammetrischen Kameras alle zwei Sekunden Bilder von der Umgebung auf. Von jedem Objekt gibt es dann zwei Bilder, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgenommen sind und dadurch Auskunft über das Verhältnis resp. die Tiefe des Objektes geben. Der Fachbegriff dafür lautet Photogrammetrie. Weil die Kameras alle zwei Sekunden Bilder aufnehmen, entsteht eine Art Film von der Fahrt. Die Daten des Lasers geben dann noch die Masse hinzu und voilà: So entstehen 3D-Bilddaten.

Daten. Und Daten. Und Daten.

Die vom Messtram gewonnenen 3D-Bilddaten werden über einen webbasierten Bilderdienst zur Verfügung gestellt. Von dort können eine Vielzahl von Informationen (beispielsweise Lage und Ausdehnung von Haltekanten) herausgelesen und in das Geoinformationssystem (GIS) der VBZ eingespiesen werden. Vom GIS der VBZ wiederum gelangen sie in regelmässigen Abständen auf die städtische Datenintegrationsplattform GeoServer, einer Datenbank im Hintergrund, bei der verschiedene Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenlaufen und verknüpft werden – sie bildet dadurch sozusagen das Herzstück der Geoinformation der Stadt Zürich. So wird auf dem GeoServer beispielsweise auch das Alter von Bäumen hinterleget. Grün Stadt Zürich speist solche Daten dort ein. Ein weiterer nützlicher Aspekt ist das automatische Erkennen der Bildinhalte durch künstliche Intelligenz (KI). Das System erkennt dann von selber, was auf dem Bild ein Baum oder eine Hausfassade ist.

Nutzen und Verwendung der Daten sind vielfältig.

Durch die virtuelle Begehung der städtischen Infrastruktur am Bildschirm muss viel weniger vor Ort nachgeschaut werden. Die im GIS hinterlegten 3D-Bilddaten erleichtern dadurch die Instandhaltung der Gleise und unterstützen bei Bauvorhaben. Fragen wie zum Beispiel «Wie sieht diese Haltestelle dort genau aus?» können einfach vom Büro aus und mit wenigen Klicks im GIS beantwortet werden. Dies kann man sich wie Google Streetview vorstellen – mit dem Unterschied, dass den Bildern viel mehr Informationen hinterlegt sind. Zudem können Visualisierungen von Bauvorhaben einfacher und schneller erstellt werden. Beispielsweise wurden mit den 3D-Bilddaten vom Messtram Visualisierungen für die Bauprojekte «Tramverbindung Hardbrücke» und «Tram Affoltern» erstellt.

Alle zwei Jahre zwei Wochen lang.

Damit die Daten aktuell bleiben, wird alle zwei Jahre das ganze VBZ-Gleisnetz abgefahren. Das dauert dann ungefähr zwei Wochen. Zwischendurch werden aber auch immer wieder einzelne Abschnitte abgefahren – dort wo dies laufende Projekte erfordern. Das Messtram ist während dieser Fahrten nur mit 30 Stundenkilometern unterwegs, denn es gilt: Je langsamer, desto genauer, weil dann der Laser mehr Punkte erfassen kann und sich die Kamerabilder nur langsam verändern. Damit das Messtram aber nicht den regulären Linien-Verkehr behindert, müssen die Fahrten gut vorbereitet und mit der Leitstelle geplant werden.

Die VBZ nehmen mit dem Messtram eine Pionierrolle ein, sind sie doch der erste Schweizerische Verkehrsbetrieb, der sich für diese noch junge Technik entschieden hat.

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