«Händewaschen gehört quasi zu meinem Beruf»

«Wo wir fahren, lebt Zürich»: Unser Versprechen gilt in guten Zeiten und auch in diesen. Zürich lebt, auch wenn es gerade etwas aus dem Takt gekommen ist. Darüber, wie es unserer Stadt und ihnen so geht, erzählen Zürcherinnen und Zürcher gemeinsam mit uns in der Serie #sogahtsZüri. Heute geht es um VBZ-Serviceleiter Stefan Körkel. Sein Arbeitsort ist die Stadt. Auch in Corona-Zeiten. Denn Störungen und Kollisionen gibt es immer. Etwas ruhiger sind seine Arbeitstage allerdings schon geworden. «Etwa so, als wäre jeder Tag ein Sonntag.»

Angst vor dem Coronavirus? Nein! Die hat Stefan Körkel nicht. Der VBZ-«Serviceleiter Intervention» ist auch im Ausnahmezustand mit seinem «Trouble Shooter»-VW-Bus in der Stadt unterwegs. Und dies, wie auch sonst immer, ziemlich unerschrocken. Unerschrocken? Ja, doch, das Wort passe ganz gut auf ihn, der Angst ganz allgemein für einen schlechten Ratgeber hält. «Ängstlichkeit hindert einen daran, gute Entscheidungen zu fällen.» Und dies optimal zu entscheiden, ist sein tägliches Brot. «Als Serviceleiter muss ich in der Lage sein, Situationen blitzschnell einzuschätzen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.» Merke man bei einer Fahrzeugstörung zum Beispiel zu spät, dass man das Problem nicht allein beheben könne, zögere man also den Entscheid hinaus, die Leitstelle einzuschalten und Fahrzeuge umzuleiten, staue sich bald ein Tram nach dem anderen und «dann hat man den Salat.»

«Betriebsfeuerwehr» ist immer gefragt

Seit 13 Jahren arbeitet Körkel für die VBZ. Zunächst war er Busfahrer, dann Kundenberater. Nun ist er seit zwei Jahren als Serviceleiter im Einsatz. Als solcher weiss er bei Arbeitsbeginn nie genau, welche Aufgaben er an einem x-beliebigen Tag stemmen muss. «Ich weiss nur, in welchem Gebiet der Stadt ich Dienst habe. Was mich dort erwartet, ist immer etwas anderes.» Unerschrockenheit scheint also nicht nur Körkel selbst gut zu beschreiben, sondern auch zum Anforderungsprofil seines Jobs zu passen. Sein Hauptgeschäft sind technische Störungen, sei es an Fahrzeugen oder an der Infrastruktur, und Kollisionen. «Wir sind so eine Art Betriebsfeuerwehr, die so schnell wie möglich reagieren muss.»

Und weil es Störungen und Kollisionen immer gibt, die «Feuerwehr» immer gefragt ist, Corona hin oder her, spürt er im beruflichen Alltag nicht allzu viel vom aktuellen Ausnahmezustand. «Vielleicht gibt es etwas weniger Vorfälle, weil insgesamt weniger Verkehr herrscht und auch unser Fahrplan reduziert ist.» Es fühle sich für ihn aber einfach etwa so an, als sei jeder Tag ein Sonntag.

Wird er in diesen Tagen zu einer Kollision oder einer Störung gerufen, hält er allerdings Distanz. «Der sonst übliche Handschlag, sei es mit dem Fahrpersonal oder, bei einer Kollision, auch mit anderen, in den Unfall verwickelten Leuten, fällt natürlich weg. Das war am Anfang gewöhnungsbedürftig.» Auch schon habe ein Autolenker, der mit einem VBZ-Bus zusammengestossen war, ihm das Portemonnaie mit den Ausweisen und die Fahrzeugpapiere auf die Motorhaube gelegt und gesagt: «Nehmen Sie sich selber, was sie brauchen.» «Man spürt schon: Es liegt etwas in der Luft. Und die Leute gehen in den verschiedensten Arten und Weisen mit dem Thema um. Einige haben wirklich Angst, andere nehmen es eher locker.»

«Es geht gar nicht ohne Händewaschen, es sei denn, man spaziert gern mit rabenschwarzen Fingern herum.»

Mit Professionalität gegen das Virus

Angst hat Körkel, wie erwähnt, nicht. Nimmt er es also locker? Das auch nicht. Eher tritt er mit Professionalität gegen das Virus an: «Selbstverständlich beherzige ich alle Regeln.» Intern seien sie stark für die Hygienemassnahmen und das Abstandhalten sensibilisiert worden. Gerade das Händewaschen sei in seinem Job allerdings sowieso ganz normal. «Wir Serviceleiter sind zwar in Hemd und Krawatte unterwegs, aber wir haben konstant schmutzige Hände.» Da wird mit Werkzeugen hantiert, in Klappen gegriffen und geflickt an Fahrzeugen und Aussenanlagen, was das Zeug hält. Kein Wunder also, wenn die Hände nicht sauber bleiben. «Es geht gar nicht ohne Händewaschen, es sei denn, man spaziert gern mit rabenschwarzen Fingern herum.» Und auch die Sache mit der Distanz habe sich inzwischen gut eingespielt.

Nicht bei allen Einsätzen wäre Distanzhalten allerdings möglich. «Es kann immer sein, dass wir mit Verletzten in Kontakt kommen. Dass wir die ersten auf dem Platz sind und Hilfe leisten müssen.» Mit solchen Situationen zu rechnen, auch mit schwereren Unfällen, gehört zu Körkels Berufsalltag. «Es ist ein Wissen, das wir alle im Hinterkopf mitführen.» Der Tag könne noch so ruhig sein, und doch könne sich dies schlagartig ändern, wenn zum Beispiel die Meldung eingehe, dass ein Fussgänger unter ein Tram gekommen sei. «Schwere Unfälle, wenn auch nicht immer mit tödlichem Ausgang, haben alle von uns schon erlebt», so Körkel. Auch er selbst. Doch ist er nicht einer, der über Möglichkeiten brütet. «Wenns passiert, passierts. Werde ich gerufen, gehe ich hin und mache meine Aufgabe so professionell wie möglich.» Das Herumstudieren komme aber danach, wenn man Zeit habe, Geschehenes Revue passieren zu lassen.

Familienzeit als schönster Nebeneffekt

In den letzten Wochen hat der 36-Jährige glücklicherweise keinen Unfall mit Verletzten erlebt. Doch, so Körkel wiederum gewohnt unerschrocken-professionell: «Auch für diese Situation sind wir bestens ausgerüstet. In jedem Dienstfahrzeug führen wir Handschuhe, Masken und Schutzbrillen mit. Selbst wenn die verunfallte Person mit dem Coronavirus infiziert wäre, könnten wir uns gut schützen.»

Ist Stefan Körkel am Arbeiten, fühlt sich sein Alltag also weitgehend an wie sonst. In der Freizeit allerdings spürt auch er die Einschränkungen. «Dass man nicht einfach in eine Gartenbeiz sitzen kann, gerade bei dem schönen Frühlingswetter, vermisse ich sehr.» Dass sich aber jetzt, wenn er in der Schlange vor der Migros warten müsse, auch immer wieder spontane Gespräche mit Fremden ergeben, dass viel von der sonst üblichen Hektik weg gefallen sei, das empfindet er als wohltuend. Trotzdem wird er sich über jeden einzelnen Schritt in Richtung Normalität freuen. «Das kann auch bloss ein geöffneter Baumarkt sein, in dem sich etwas für den Garten besorgen lässt.»

Dankbar ist er dafür, dass sein Job auch in dieser Zeit sicher ist, er pünktlich den Lohn bekommt. «Wenn ich sehe, wie gerade Selbständige jetzt Mühe haben, teils gar in ihrer Existenz bedroht sind, schätze ich mich umso glücklicher mit meinem Arbeitgeber.» Und noch etwas gibt ihm Energie: «Meine Frau und meine beiden Kinder.» Vor allem die Kinder sieht er momentan ausgiebiger, weil sie keine Schule haben. «Ich weiss, dass manche Eltern dies als anstrengend erleben. Doch den Zusammenhalt in der Familie, den ich jetzt spüre, und die Tatsache, dass wir alle mehr Zeit zusammen verbringen können, finde ich etwas vom Schönsten in dieser Ausnahmesituation.»

Noch mehr Geschichten darüber, wie es den Zürcherinnen und Zürchern in diesen Zeiten geht, gibt’s unter #sogahtsZüri. Wer selber Teil von #sogahtsZüri sein möchte, kann unter vbz.ch/sogahtszueri mitmachen. 

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