«Ich würde mich wieder für meinen Beruf entscheiden.»

Jedes Jahr im Frühjahr werden bei den VBZ Fahrerinnen und Fahrer ausgezeichnet, die 20, 25, 30 oder noch mehr Jahre unfallfrei im Zürcher Stadtverkehr unterwegs sind. Eine davon ist die Trampilotin Conny Besson. Sie erklärt, wie sie diese Herausforderung meistert und was sie im turbulenten Berufsalltag ärgert und freut.

Herzlichen Glückwunsch zu dieser grossartigen Leistung, auch von vbzonline. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?

Das ist eine schwierige Frage. Natürlich bin ich auch etwas stolz. Ich kann es kaum glauben, 30 Jahre bin ich unfallfrei unterwegs! Und heute wird mir auch bewusst: Das ist eine lange Zeit, die schnell vergangen ist. Nach 20 oder 25 Jahren habe ich dies noch nicht so empfunden.

Unfallfreies Fahren über eine so lange Zeit – wie ist das möglich?

Ich denke, das hat viel mit der Einstellung zur eigenen Arbeit zu tun. Ich mag Menschen und schätze an unserem Beruf, dass jeder Tag anders ist. Wichtig ist natürlich, dass wir Fahrerinnen und Fahrer unser «Handwerk» beherrschen, vorausschauend und umsichtig fahren und uns auch weiterbilden, mit neuer Technik umgehen lernen. Und dann hilft es, sich nicht zu ärgern, wenn Fahrgäste unhöflich sind. Ich sage mir hier bewusst, dass der Kunde in der momentanen Lage ein Problem mit der Dienstleistung und nicht mit mir als Person hat. So kann mich jeweils voll auf meine Arbeit konzentrieren. Ja, und eine Prise Glück braucht es natürlich immer auch.

Kamen Sie auch schon in Situationen, in denen es – wie man so schön sagt – «brenzlig» wurde?

Immer mal wieder. Der Verkehr hat ja stark zugenommen, es wird viel gebaut und es sind viel mehr Menschen unterwegs als noch vor einigen Jahren. Manchmal kommen Autos zu nahe oder Fussgänger laufen los, ohne nach links und rechts zu schauen. Aber zum Glück war es noch nie «so richtig brenzlig». Und generell fahre ich eher etwas defensiver und nehme mich zurück.

Anders als in anderen Berufen können Sie nicht einfach mal fünf Minuten abschalten oder an die frische Luft gehen und durchatmen. Wenn Sie unterwegs sind, müssen Sie voll bei der Sache sein. Wie schafft man das über so viele Jahre?

Ja, das stimmt, das ist eine grosse Herausforderung, diese ständige Präsenz und Aufmerksamkeit. Die jahrelange Routine beim Fahren hilft zwar, kann aber auch gefährlich sein. Ich denke, es ist für alle Kolleginnen und Kollegen wichtig, einen guten Ausgleich, eine Oase neben dem Beruf zu finden. Bei mir sind es meine Familie und unser Hund. Ein Spaziergang mit Sina in der Natur, und der Kopf ist frei.

Wie sind Sie damals dazu gekommen, Trampilotin zu werden?

Ich kam aus dem Gastgewerbe und war auf der Suche nach einem spannenden Beruf, und Schichtarbeit war ich schon gewohnt. So habe ich mich bei den VBZ beworben. Bereut habe ich das nie. Zudem habe ich hier durch die Arbeit meinen Mann kennengelernt. Der Beruf gefällt mir sehr, obwohl wir nicht wie andere VBZ-ler eng zusammen im Team arbeiten. Ich habe eine Ausbildung als Trampilotin und Buschauffeurin, seit sechs Jahren fahre ich aber ausschliesslich Tram.

Haben Sie eine Lieblingsstrecke?

Nein, ich liebe die Abwechslung und vor allem freue ich mich auf jede neue Strecke. Ich sehe, wie Zürich wächst und sich verändert, dabei sitze ich quasi im Cockpit. Und dies zu allen Jahres- und Tageszeiten. Das macht meine Arbeit so vielseitig.

Sie hatten sicher auch schon lustige Erlebnisse, welche?

Wir haben sehr wenig Zeit mit Fahrgästen zu sprechen, der Fahrplan muss eingehalten werden. Aber ich halte viel Augenkontakt. Und so kommt es, dass mich viele Fahrgäste anlächeln oder mir zuwinken. Das ist auch Motivation und Lohn für meinen Job.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft in Bezug auf Ihren Beruf?

Natürlich hoffe ich, dass unser Beruf noch lange besteht und immer bessere Lösungen entwickelt werden, den wachsenden Verkehr zu bewältigen. Ich glaube nicht, dass uns Computer bald ersetzen. Zudem wünsche ich mir hin und wieder mehr Wertschätzung von unseren Fahrgästen und dass die Medien in brenzligen Situationen auch die Sicht der Trampilotinnen oder Buschauffeure aufnehmen würden.

Conny Besson, Trampilotin (Bild: Pablo Facchinetto)

Conny Besson, Trampilotin (Bild: Pablo Facchinetto)

 

Conny Besson

Conny Besson, 53, fährt seit mehr als 30 Jahren unfallfrei für die VBZ. Sie ist ausgebildete Trampilotin und Busfahrerin, seit sechs Jahren aber ausschliesslich im Tram unterwegs. Mit ihrer Familie und Hündin Sina lebt sie in Schwamendingen.

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