So viel Nachhaltigkeit steckt in der Berufskleidung

Seit dem 17. September 2019 tragen die Mitarbeitenden der Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich ihre neue Uniform. Auch die Beschaffung von T-Shirts, Poloshirts, Rollkragen-Shirts und Sweat-Shirts für alle städtischen Mitarbeitenden, die solche Arbeitsbekleidung benötigen, wurde im Jahr 2018 neu ausgeschrieben. Doch wie steht es mit der Vorbildfunktion der Stadt Zürich bei den ökologischen und sozialen Kriterien dieser Textilbeschaffungen?

Das Konsumverhalten von Privatpersonen, aber auch Institutionen wie der «Stadt Zürich» ist für die Nachhaltigkeit sehr relevant: Weniger als 40 Prozent der gesamten CO2-Emissionen entfallen nämlich auf den Strom-, Wärme- oder Treibstoffverbrauch. Der grosse Rest ist in Gütern und Dienstleistungen in Form von grauer Energie eingebunden. Für die VBZ-Uniformen sind über einen Zeitraum von sieben Jahren total 13.66 Millionen Franken und für die verschiedenen Shirts der übrigen städtischen Mitarbeitenden rund 1.25 Millionen Franken budgetiert. Da darf man sich mit gutem Recht fragen, wie viel Nachhaltigkeit drinsteckt und ob die Stadt Zürich ihre Vorreiterrolle wahrnimmt.

Um es vorwegzunehmen: Ein besonderes Augenmerk wird bei der Stadt Zürich auf den Anbau und die Konfektion gelegt. Der Baumwollanbau ist aus ökologischer Sicht aufgrund seines hohen Wasserverbrauchs und Pestizideinsatzes besonders relevant. Wegen der kritischen Arbeitsbedingungen gilt die Konfektion als «sozialer Hotspot», weshalb die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter dort vertieft geprüft wurden. Zusätzlich verpflichten sich die Lieferantinnen und Lieferanten mit einem Verhaltenskodex zur Einhaltung der Kernkriterien der Internationalen Arbeiterorganisation ILO (International Labour Organization) und dazu, ihre Lieferkette transparent offenzulegen.

Fair gehandelt und Bio-Baumwolle für reine Baumwoll-Shirts

Für die Shirt-Kollektion der städtischen Mitarbeitenden hat die Schweizer Firma «Hüsler Berufskleider AG» den Zuschlag erhalten. Die reinen Baumwoll-Poloshirts und T-Shirts werden aus biologisch zertifizierter Baumwolle gefertigt, sind also sozusagen 100 Prozent Bio – eine zwingende Forderung bei dieser städtischen Ausschreibung. Ergebnisse von Ökobilanzen zu Bio-Baumwolle zeigen nämlich, dass der Wasserverbrauch von Bio-Baumwolle um 91 Prozent geringer ist als der von konventioneller Baumwolle und 46 Prozent weniger Treibhausgase emittiert werden. Zusätzlich gilt bei Bio-Baumwolle ein Verzicht auf Pestizide und gentechnisch veränderte Sorten. Die «Hüsler Berufskleider AG» ist als Fair-Trade-zertifizierter Händler eingetragen. T-Shirts, Polo-, Rollkragen- und Sweat-Shirts für die städtischen Mitarbeitenden sind denn auch fair gehandelt. Dank dem verlangten Öko-Tex-100-Label sind zudem die Shirt- und Uniform-Textilien frei von toxischen Schadstoffen.

«Die Mitarbeitenden der Verkehrsbetriebe können ihre Uniformteile bedarfsgerecht aussuchen, was aus Umwelt- und Ressourcensicht vorteilhaft ist.»

Hohe Glaubwürdigkeit für soziale Arbeitsbedingungen bei den Uniformen

Die neuen VBZ-Uniformen werden vom Zürcher Unternehmen «Image Wear AG» geliefert. Es schnitt von allen Bewerbern bei den Nachhaltigkeitskriterien am besten ab. Die Hemden und Blusen aus einem Gewebe mit hohem Baumwoll- und leichtem Stretchanteil werden in einem Fair-Trade-zertifizierten Konfektionsbetrieb in Europa hergestellt. Auch die Softshell-Jacken und Steppwesten werden nach den strengen Fair-Trade-Richtlinien konfektioniert. Zudem können die Mitarbeitenden der Verkehrsbetriebe ihre Uniformteile bedarfsgerecht aussuchen, was aus Umwelt- und Ressourcensicht vorteilhaft ist.

Transparente Lieferkette und nachhaltige Kriterien

Im Bekleidungssektor ist – neben ökologischen Anforderungen wie Bio-Baumwollproduktion – insbesondere den Produktions- und Arbeitsbedingungen entlang der Herstellungskette erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Textilien werden gemäss der städtischen Richtlinie für soziale Beschaffung als «spezifische Produktgruppe mit erhöhtem Kontrollbedarf» angesehen. Textilien, die dank Kinderarbeit oder unter miserablen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden, möchte schliesslich niemand tragen. Es ist aber nicht einfach, potenzielle Missstände zu erkennen. Welche Forderungen stellten die Stadt Zürich und somit auch die Verkehrsbetriebe diesbezüglich also an die beschafften Uniformen und die Shirt-Kollektion?

  1. Alle Anbietenden der Stadt Zürich werden mit dem Unterzeichnen des Verhaltenskodex per Selbstdeklaration verpflichtet, die ILO-Kernarbeitsnormen einzuhalten. Diese verbieten soziale Missstände bei der Produktion wie beispielsweise ausbeuterische Kinderarbeit, Zwangs- und Pflichtarbeit oder ein Verbot der Vereinigungsfreiheit. Was in der Schweiz und Europa selbstverständlich ist, muss auch international eingefordert werden.
  2. Für Produktgruppen mit erhöhtem Kontrollbedarf – wie Textilien, Natursteine oder handgenähte Bälle – wird von den Anbietenden bereits vor der Auftragserteilung ein international anerkanntes Zertifikat eingeholt, welches die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen nachweist oder mittels eines genau definierten Prozesses und Terminplans in Aussicht stellt. Anerkannt sind ausschliesslich Zertifikate, Labels oder Initiativen, die von unabhängigen Drittparteien geprüft werden beziehungsweise in einen vergleichbaren Prüfprozess eingebunden sind. Als sozial sensibelster Bereich in der Textilkette gilt die Konfektion. Für diese musste bei den VBZ-Kleidungsstücken sowie bei der Shirt-Kollektion ein entsprechender Nachweis erbracht werden.
  3. Weiter wurde verlangt, die Lieferketten offenzulegen. Nur Anbieter, die ihre gesamte Lieferkette kennen, können guten Gewissens versichern, dass die verlangten sozialen Mindestanforderungen eingehalten werden.
  4. Zusatzanstrengungen der Unternehmen und ihrer Lieferanten wurden positiv bewertet, beispielsweise für die Erfüllung fair gehandelter Produkte oder Massnahmen für existenzsichernde Löhne in den verschiedenen Produktionsstufen.

So wurde insgesamt grossen Wert auf das Einhalten ökologischer und sozialer Mindestanforderungen gelegt und zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien positiv bewertet.

Nicht nur fair, sondern auch komfortabel

Abstriche beim Tragekomfort oder der Festigkeit beim Waschprozess gibt es trotzdem keine. Denn wie bei allen Einkäufen werden die Produkte im Verlauf des Ausschreibungsverfahrens auf Herz und Nieren geprüft und auch Tragetests durchgeführt. Damit können sich die VBZ-Mitarbeitenden auf eine Uniform freuen, die nicht nur langlebig und bequem ist, sondern fair gegenüber Arbeiterinnen und Arbeitern sowie der Umwelt hergestellt wurde.

Zweites Leben für die Uniformen – für einen guten Zweck

Ein Uniformwechsel, wie er bei den VBZ bevorsteht, bedeutet immer auch ein Ausrangieren der alten Kleidung und bei rund 1550 uniformtragenden VBZ-Mitarbeitenden kommt ein grosser Haufen an nicht mehr benötigten Textilien zusammen. Eine Verbrennung in der nahen Kehrichtverbrennungsanlage wäre eine Verschwendung von noch verwertbaren Produkten. Die VBZ haben für dieses Problem eine gute Lösung gefunden, um sicherzustellen, dass beim Uniformwechsel allen relevanten Aspekten Rechnung getragen wird. Die alten VBZ-Uniformen werden von der Firma Tell-Tex gesammelt. Danach werden auf allen Kleidungsstücken die aufgenähten Logos entfernt. Logofrei werden die Uniform-Teile nach Osteuropa verkauft. Der Verkaufserlös kommt der Schweizer Berghilfe zugute. Damit wird nicht nur sichergestellt, dass die noch funktionstüchtigen Teile der alten VBZ-Uniformen weiterverwendet werden können, sondern es kann zusätzlich eine gemeinnützige Organisation unterstützt werden.

Sonja Gehrig

  Sonja Gehrig ist im «Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich» Verantwortliche für die nachhaltige Beschaffung der Stadt Zürich. Sie trägt in dieser Funktion dafür Sorge, dass Beschaffungen der Stadt Zürich neben ökologischen Anforderungen auch sozialen Aspekten genügen.

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