Züri schlaflos: Die Rote Fabrik

Unsere erfolgreiche App «Züri schlaflos» offeriert mehr als 170 Geschichten über Zürcher Bars, Clubs, Kulturhäuser, Restaurants und andere urbane Hotspots und Schauplätze. Die Stadtneurotiker, Journalisten und Autoren Philippe Amrein und Thomas Wyss haben über unterschiedlichste Lokalitäten und Orte streng subjektive und oft ziemlich schräge kleine Stadtgeschichten verfasst.

Die Rote Fabrik

Wenn immer ich in Hamburg in der Strandperle hocke, fröstelnd mein Astra-Bier trinke und den gigantischen Frachtern beim Einlaufen in den Hafen zusehe, sehne ich mich ganz doll nach dem Ziegel oh Lac. Denn obwohl fast 1000 Kilometer zwischen diesen beiden einzigartigen Beizen liegt, kommen sie mir vor wie Seelenverwandte – wohl, weil sie sich beide stramm alternativ geben (mit allen Vor- und Nachteilen, die diese Attitüde so mit sich bringt), von erquickend eigenwilligen Zeitgenossen bevölkert werden und nah am Wasser gebaut sind.

Letztgenannte Qualität ist ein ideales Thema: Wenn immer ich nämlich den Ziegel oh Lac besuche, überkommt mich eine wundersame Melancholie, die in intensiveren Momenten gar dazu führt, dass auch ich «nah am Wasser gebaut bin», wie man die sentimentale Weinerlichkeit poetisch beschreibt. Keine Ahnung, weshalb das so ist. Aber zurück zum Ziegel. Meine liebsten Besuchstage sind der Dienstag und der Samstag. Weil am Dienstagabend auf der lokaleigenen Bühne Bands aus der weltweiten Indie-Rock-, Americana- oder Blues-Familie auftreten, die bis auf wenige Ausnahmen genauso unbekannt wie grandios sind. Und weil ich am Samstag bis zum frühen Nachmittag frühstücken kann. Besonders romantisch ist das im Spätherbst und Winter, wenns draussen regnet, stürmt oder schneit, und man am warmen Fensterplatz sitzend die gute alte Zeitung lesen und zwischendurch auf den See blicken und sehnsüchtig an die Strandperle denken kann.

Natürlich steht der «Ziegel» aber nicht allein da draussen in Wollishofen, nein, er hat eine ganze Rote Fabrik im Rücken, es ist eine ehemalige Ziegelbrennerei, die seit den turbulenten 80er-Jahren jenes Kulturzentrum ist, das dieser Stadt davor so schmerzlich gefehlt hat. In der «Fäbe», wie man den Ort im jugendlichen Volksmund nennt, wird grosses Off-Theater gespielt, es hat eine Velowerkstatt, Künstlerateliers und drei unterschiedlich grosse Räumlichkeiten, die entweder für Anti-Mainstream-Konzerte aus den Sparten Rock, Urban und Elektronik oder aber für alle Arten von Kunstveranstaltungen genutzt werden (deren Protagonisten gern auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn operieren).

Mein alljährliches Highlight ist aber zweifellos die am Street-Parade-Weekend stattfindende Lethargy – ein dreitägiges Future-Musik-Festival, bei dem das alte Gemäuer in eine visionär beschallte und illuminierte Gaukler- und Märchenwelt verwandelt wird. Ja, der Eindruck täuscht nicht: Ich bin echt verknallt in diese Fabrik.

Zur Webseite der Roten Fabrik. 

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